Unter Stichworten wie „das Kreuz mit
dem Kreuz“ und „Ärgernis Sühnopfer“ ist
in den letzten Jahren heftig über das Verständnis
des Todes Jesu diskutiert worden.
Dabei wurde der Abschied vom Verständnis
der Hinrichtung Jesu als Sühnopfer
als notwendig propagiert. Allerdings:
Im Neuen Testament ist außerhalb
des Hebräerbriefes die Deutung des Todes
Jesu als stellvertretende Sühne fast
nirgends mit dem Gedanken eines Opfers
verbunden. Und wo das geschieht, dient
der Opferbegriff als Metapher, ist er im
übertragenen Sinn verstanden. An keiner
Stelle des Neuen Testaments ist Gott als
so etwas wie ein himmlischer Marionettenspieler
vorgestellt, der für sich das Opfer
seines Sohnes inszeniert, um seinen
Zorn zu stillen.
Wir wollen uns deshalb nicht vorschnell von
der auf Jesu Tod bezogenen Vorstellung von
der stellvertretenden Sühne verabschieden,
sondern sie besser verstehen. Dafür sollen
gemeinsam entsprechende Texte des Neuen
Testaments gelesen und bedacht werden.
Zunächst wird danach gefragt werden, warum
die Evangelisten die Passionsgeschichte
Jesu in großer Dichte mit ihrer Bibel erzählen,
warum sein Tod einem „Muss“ unterstellt
wird und Jesus in der Johannespassion als
Souverän des eigenen tödlichen Geschicks
auftritt. Immer geht es darum, dass Gott dabei
ist und diesem Geschehen die Selbstmächtigkeit
bestreitet. Das ist auch bei der
Deutung als stellvertretender Sühne der Fall.
Zu ihr wird ein Zugang über jüdische Märtyrertheologie
gesucht und sie von daher als
Appell an Gott gegen Gott verstanden, der
sich selbst in Mitleidenschaft ziehen lässt.